Aktuell
15.03.2022
Nutzungsersatz für Zins- und Tilgungsleistungen führt zu Kapitaleinkünften
Wird ein Verbraucher-Darlehensvertrag wegen fehlender Belehrung widerrufen, führt ein für bereits erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen von der Bank an den Darlehensnehmer gezahlter Nutzungsersatz bei diesem zu Kapitalerträgen. Dies hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden.
Die Kläger nahmen im Jahr 2004 ein Wohnungsbaudarlehen bei einer Bank auf und erbrachten zehn Jahre lang Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von insgesamt ca. 110.000 Euro. Im Jahr 2015 widerriefen sie den Darlehensvertrag unter Verweis auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Daraufhin verklagten die Kläger die Bank auf Zahlung eines Betrages in Höhe von ca. 77.000 Euro, den sie aus der Differenz zwischen der an die Bank geleisteten Zahlungen und des Rückzahlungsanspruchs, jeweils zuzüglich Zinsen, errechneten. Vor dem Oberlandesgericht schlossen die Parteien einen Vergleich, mit dem sich die Bank verpflichtete, an die Kläger als Entschädigung für die Nutzung der Zins- und Tilgungsleistungen einen Betrag von 15.000 Euro abzüglich etwa anfallender Kapitalertragsteuer zu zahlen.
Die Bank unterwarf diesen Betrag dem Kapitalertragsteuerabzug und zahlte lediglich die Differenz an die Kläger aus. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung gaben die Kläger an, dass es sich hierbei nicht um Kapitalerträge, sondern um die Rückzahlung von Zinsen und Tilgungen handele. Zudem hätten die Kläger insgesamt keinen Überschuss erwirtschaftet, sondern im Ergebnis lediglich geringere Zinsen gezahlt. Dem folgte das Finanzamt nicht und behandelte die 15.000 Euro als Kapitaleinnahmen.
Die hiergegen erhobene Klage ist erfolglos geblieben. Der 3. Senat des Finanzgerichts Münster hat ausgeführt, dass die Entschädigungszahlung der Bank einen Kapitalertrag darstelle. Nach der im Streitfall geltenden Zivilrechtslage habe sich das Darlehensverhältnis durch den Widerruf in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt. Die wechselseitigen Rückgewähransprüche der Vertragsparteien stünden grundsätzlich unabhängig nebeneinander. Dabei stelle der Nutzungsersatz für die von den Klägern erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen ein Entgelt für eine Kapitalüberlassung dar. Dies entspreche auch der zivilrechtlichen Wertung, wonach der Verbraucher so gestellt werde, als habe er eine verzinsliche Wertanlage getätigt. Da die wechselseitigen Ansprüche nicht gegeneinander aufgerechnet werden dürften, stehe der Besteuerung nicht entgegen, dass die Kläger aus dem Widerruf per Saldo keinen Überschuss erzielt hätten. Schließlich sei unerheblich, dass es sich nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen gehandelt habe, da auch einmalige Leistungen als Einnahmen aus Kapitalvermögen erfasst würden.
Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
FG Münster, Mitteilung vom 15.02.2022 zum Urteil 3 K 2991/19 vom 13.01.2022 (nrkr)